#04
Bei meiner Unterkunft war leider kein Frühstück inkludiert, aber das war nicht weiter schlimm. In Modra gab es genug Möglichkeiten zum Einkaufen. Und da das Wetter auch wieder angenehm war, nahm ich mein Frühstück auf einer Parkbank zu mir.
Nach dieser Stärkung wollte ich mein Rad etwas reinigen. Weil wie ihr euch sicher vorstellen könnt: Nach mehreren Stunden auf unbefestigten Wegen hinterlässt das natürlich Spuren. Kurzum: Das Radl war von oben bis unten komplett dreckig. Geputzt hab ich das am Abend natürlich nicht mehr. Wozu auch?
Aber ich hatte eine grandiose Idee: Ich such mir einfach eine SB-Waschanlage und wasch das Rad dort. Perfekt, oder? Eine Münze einwerfen, paar Sekunden warten und das Rad ist blitzeblank.

Somit konnte ich mit einem sauberen Rad bei Sonnenschein meine heutige Fahrt beginnen. Klingt ja gleich viel besser als das Regenwetter vom Vortag.
Wieder schmutzig
So einfach kann das Leben natürlich nicht sein. Ich wollte ja stark befahrene Straßen vermeiden. Somit fuhr ich großteils auf Güterwegen. Und die waren manchmal nicht so wirklich asphaltiert.

Zum besseren Verständnis: Auf diesen Weg traf ich etwa 30 Minuten nach der Fahrradwäsche. Ich glaub, die hätte ich mir echt sparen können. Weil eigentlich ist es ja logisch: Wenns am Vortag regnet, dann sollte man damit rechnen, dass am nächsten Tag noch irgendwo Wasser steht.
Ich hab dann versucht ohne abzusteigen durchzufahren. Das hat zwar ganz passabel funktioniert, aber das Rad war halt wieder schmutzig.

Ich hätte noch so gut aufpassen können: Es waren einfach zuviele Gatschlacken. Aber besser ein schmutziges Fahrrad als vorbeibrausende LKWs. Sicherheit vor Sauberkeit!
Endlich abwechslungsreich
Eine Sache war an diesem Tag auch anders: Endlich fuhr ich durch kleine Ortschaften. Endlich gab es Abwechslung. Keine Großstadt, kein verregneter Wald. Und das war auch psychisch ziemlich wichtig. Weil mir ist die Abwechslung beim Fahren schon sehr wichtig.
Und noch etwas war super: Wenn ich auf die kleinen Karpaten hinaufsah, sah ich dort Wolken. Rundherum war es aber wolkenlos. Dort im Wald hats also noch geregnet. Und ich konnte die Sonne genießen. Jackpot!
Ich glaub nach den durchwachsenen Tagen zuletzt, war dieser Tag in etwa, wie ich mir meine Radtour vorgestellt hatte. Ich kostete das schöne Wetter wirklich aus. Und das Fahren auf Feldwegen war wirklich herrlich (über den Schlamm sehen wir mal hinweg).
Auf einem abgelegenen Bauernhof sah ich Babyziegen, da legte ich natürlich eine Pause ein.
Wie ihr vielleicht herausgelesen habt: Meine Planung war de facto nicht vorhanden. Ich hab jetzt nicht geschaut, welche Sehenswürdigkeiten es in der Nähe gibt.
Keine Planung ist die beste Planung
mei Red
Weil: 1. weiß ich ja sowieso im Vorhinein nicht, ob mich das so sehr interessiert und 2. ist das Planen ja extrem zeitaufwendig. Du müsstest die Route so planen, dass du an allen Hotspots vorbeifährst.
Und dann hast du immer diese Erwartungshaltung: „Heute schau ich mir X an, weil das hat auf den Bildern so cool ausgesehen“. Dann stehst du davor und bist echt enttäuscht. Weil du bist ja dann extra diesen Weg gefahren, hast vielleicht andere Sachen versäumt, nur um genau das zu sehen.
Aber ich bin jetzt auch nicht einer, der absichtlich an schönen Punkten vorbeifährt. Wenn sich etwas ergibt, dann kann man ja schauen ob es interessant klingt.
Genauso war es an diesem Tag. Da fährt man durch ein kleines Örtchen und da steht ein grünes Schildchen „Hrad“ mit einem einem Burgensymbol daneben. Dem folgte ich und ich sah es, das Herrenhaus Budmerice.

Ja, das sah schon ziemlich beeindruckend aus. Vor allem wenns einfach so am Weg liegt. Den Namen hab ich erst im Nachhinein herausgefunden (Google-Bildersuche sei Dank).
Naschen unterwegs
Unterwegs fand ich viele Kirschpflaum-Bäume. Wer die nicht kennt, ich gebs zu: Ich habs auch gerade gegoogelt. Das sind so kleine rötliche oder orange Früchte, schmecken wie eine Mischung aus Marille und Zwetschke und ich find sie einfach unglaublich lecker. Und da die die ganze Zeit am Wegesrand waren, hab ich pausenlos gefuttert. Wer wissen mag wie sie aussehen:

Natürlich war das nur zum Überbrücken meines Hungers. Als Hauptmahlzeit reicht das natürlich nicht. Zum Mittagessen bin ich dann in einem kleinen Dortwirtshaus eingekehrt und hab einfach irgendwas bestellt da mir selbst die Übersetzung mittels Google Translate nicht entscheidend weiterhelfen konnte.
Im Endeffekt war es ein Schnitzel mit Käse, Pommes und Salat. Definitiv sättigend.

Neue Idee: die Gartenschlauchwäsche
Nach meiner Mittagspause kam ich auf eine neue Idee, wie ich mein Rad sauber bekommen könnte. Ich muss nämlich zugeben: Ganz gesund hat sich das Getriebe nicht angehört, wenn das komplett verdreckt war. Das tut ein bisschen dem inneren Ohr weh, weils ein bisschen gekratzt hat. Tankstelle gabs keine mehr, also dachte ich mir, ich frage einfach jemanden, der im Garten ist, ob ich mein Rad waschen darf.
Also nur dann, wenn da zufällig jemand einen Schlauch bei Hand hat. Und wirklich: Keine 5 Minuten nach meiner Pause sah ich einen Herren, der gerade seinen Garten bewässerte. Ich fragte ihn und selbstverständlich war das kein Problem.
Ich wunderte mich, warum ein Mann um die 60 so gut Englisch spricht (meist können ja eher nur die jüngeren Slowaken fließend Englisch). Und er erzählte mir, dass er einige Zeit in den USA gelebt hatte. Dadurch konnten wir uns auch ein wenig unterhalten und ich setzte meine Fahrt kurze Zeit später wieder mit einem sauberen Rad fort.
Über Stock und Stein gings weiter und nach einiger Zeit verschmutzte mein Rad natürlich wieder. Wahrscheinlich hätte der neue Schmutz den alten auch irgendwie entfernt, also war es eh komplett unnötig, das Fahrrad bei dem älteren Herrn zu waschen. Aber immerhin hatte ich ein angenehmes Gespräch mit dem netten Herrn.
Vorbei am Atomkraftwerk
In der Ferne nahm ich ein Atomkraftwerk wahr. Und ich merkte, dass mein Weg immer weiter in diese Richtung führt. Bis ich schließlich direkt am AKW Bohunice vorbeifuhr.

Nicht, dass ich es als Sehenswürdigkeit bezeichnen würde, aber interessant ist es schon irgendwie so direkt daneben vorbeizufahren.
Um den Tag perfekt abzurunden, wollte ich diesmal zum ersten Mal im Freien schlafen. Daher kaufte ich in einem Supermarkt noch ein wenig Dosenfutter und machte mich auf die Suche nach einem Schlafplatz.
Wissen Sie wo ich hier mein Zelt aufschlagen kann?
die alte Frau war etwas überrascht über die Frage
Da die Sonne bald untergehen würde, war ich ein wenig unter Zeitdruck. Als ich gerade durch ein verschlafenes Örtchen durchfuhr, merkte ich, dass eine ältere Dame ihre Blumen goss. Ich dachte mir: Ach, einmal probier ich es noch mit dem Radwaschen. Heute fahr ich e nicht mehr weit und morgen ist es dann vielleicht schon etwas besser. Und so hatte ich wieder ein sauberes Fahrrad.
Da die Dame einen netten Eindruck machte, fragte ich sie mithilfe des Google Translators, ob sie wisse wo ich in der Nähe mein Zelt aufschlagen könne.
Mein Übernachtungsplatz
Sie war mit der Frage etwas überfordert. Kommt halt nicht alle Tage vor, dass eine Pensionistin in einem kleinen slowakischen Dorf zuerst um Wasser gebeten wird und danach noch nach einem Zeltplatz gefragt wird. Sie deutete mir in Richtung Ortsrand. Und da fand ich tatsächlich einen Windschutzgürtel neben einem Bächlein, wo ich es mir gemütlich machen konnte.

Da ich zu faul war, das Zelt aufzustellen und es auch etwas knapp mit dem Platz gewesen wäre, beschloss ich spontan, mir aus meinem Regenschutz ein Tarp zu basteln. Die weißen Schüre sind die Wäscheleinen, die ich in Bratislava gekauft hatte. Kreativ muss man sein, hat sich also doch ausgezahlt das Bauhaus aufzusuchen.

Hier sieht mich kein Mensch und ich bin vor Regen geschützt. Ich sprühte mich noch mit Gelsenspray ein, genehmigte mir ein kleines Abendessen und übernachtete mein 1. mal ohne Zelt im Freien. Das Rauschen des Bächleins hatte eine beruhigende Wirkung. Anders als bei meinen sonstigen Wildcamping-Erfahrungen hatte ich einen wirklich erholsamen Schlaf (ja, das war teilweise wirklich schlimm welch Angst ich damals hatte).
Daten zum Tag:
Freitag 6.8.2021
🌤️
Gesamtanstieg: 631 m