#09

Es ist ein wunderschönes Gefühl durch das Zwitschern der Vögel geweckt zu werden. Da ist es dann auch egal, wenn die schon um 4 Uhr beginnen. So richtig durchschlafen kann ich im Zelt ohnehin nicht (liegt vielleicht an der Luftmatratze die dann doch nicht so optimal ist wie anfangs gedacht).

Ich döste noch ein bisschen dahin bis ich am frühen Morgen mein Zelt öffnete.

Und da musste ich gleich ein Video machen:

Wie im Video schon angesprochen, werde ich demnächst Polen erreichen.

Ich bin ja mittlerweile doch schon einige Tage in der Slowakei unterwegs. Und da gewöhnst du dich schön langsam an das Land. Du schaffst dann auch schon ein „Bitte“ oder „Danke“ in der Landessprache.

Aber irgendwie merkst du mit der Zeit auch, dass irgendwann genug ist. Du willst etwas Neues erleben. Ein neues Land. Das hat mich innerlich schon auch etwas gestresst, weil: Du bist 3 Wochen unterwegs und hängst nach einer Woche immer noch im 1. Land fest. Du hast das Gefühl nicht voranzukommen.

Das ist natürlich überhaupt nicht so. Du merkst ja selbst, wenn du dir die Karte anschaust, welche Fortschritte du machst. Aber es ist immer noch „nur die Slowakei“.

Überall wurde Heu getrocknet – ich finde dieser Anblick hat was

Ich war zwar 2 Jahre davor schon einmal in Polen. Aber die gesamte Reise dauerte nur 4 Tage, wovon ich nur einen Tag tatsächlich in Polen verbrachte.

Mein Eindruck damals: Unglaublich schön gepflegte Gärten.

Damals hatte ich einige Strecken mit dem Zug abgekürzt. Diesmal war es anders. Es wird das 1. Mal sein, dass ich mit dem Fahrrad ein „Nicht-Nachbarland“ Österreichs mit reiner Muskelkraft erreiche.

Der Disco-Schlüssel

Bevor ich die Slowakei verlassen werde, wollte ich nämlich noch etwas erledigen: Wer diesen Betrag aufmerksam gelesen hat, dem ist vielleicht aufgefallen, dass ich den Schlüssel für den „Storage Room“ aka Disco bekommen hatte. Und ratet einmal, wo der Schlüssel jetzt war?

Richtig! In meiner Hosentasche! Ich hab ihn unabsichtlich mitgenommen und bin jetzt mehrere 100 Kilometer entfernt vom Hotel.

Gut, was mach ich jetzt? Der einfachste Weg wäre, das einfach hinzuschicken.

Post habe ich keine mehr gesehen, also ging ich zur nächsten Eisdiele und erklärte mein Problem.

Ich bezahlte das Porto und bat den Brief an die Adresse zu senden.

Ob das je passiert ist – keine Ahnung. Aber ich habs wenigstens versucht und so mein Gewissen bereinigt.

Slowakisches Mittagsmenü

Danach radelte ich noch die letzen Kilometer durch die Slowakei und ich merkte, dass der Verkehr etwas zunahm. Und ich kam nach über einer Woche Slowakei endlich auf die grandiose Idee, mir ein Mittagsmenü zu gönnen anstatt immer A la Cart zu essen.

Zugegeben waren die Mittagsmenüs nirgends so beworben wie hier in der Umgebung. Da ich beim Radfahren ja sowieso immer essen kann (es ist wirklich schlimm: ein Frühstück hält echt nicht lange, ich brauche permanent Energie), stoppte ich an einem kleinen Gasthaus.

Das Bestellen ist echt immer ein Abenteuer. Mit Englisch kommst du da nicht weit. Aber wenn du in Puncto Nahrungszufuhr nicht eingeschränkt bist, ist das kein Problem.

Einem Slowakischen Wirten zu erklären, dass du dich nur vegan ernährst und laktoseintolerant bist, stelle ich mir ein bisschen herausfordernd vor. Besonders, weil die Küche sehr fleischlastig ist.

Diese kräftige Suppe war nur für mich, eine ordentliche Portion
deftiges slowakisches Mittagsessen

Ich genoss auch noch meine letzten beiden Kofolas (1 Liter Kofola war mittlerweile Standard zu Mittag). Das Getränk wird es nämlich in Polen nicht geben. Schade!

Erster Eindruck: Viel Verkehr

Nach dem Essen pedalierte ich weiter Richtung Polen und der Verkehr wurde stärker und stärker. Die Grenze passierte ich problemlos da Schengen und ich hatte mir da echt keine gute Straße ausgesucht.

Nicht nur viele Autos sondern auch Busse und LKWs.

Also wirklich unangenehm zu fahren.

Und teilweise auch gefährlich. Weil die Straße nicht sonderlich breit war. Und wenn du bei Gegenverkehr überholt wirst, treibt das den Puls in die Höhe.

Ich fuhr rechts ran und suchte nach einer Alternativroute. Denn es war kein Ende in Sicht.

besser durch den Wald als auf dem Asphalt

Alternativroute: Durchs Gemüse radeln

Die hatte ich dann auch gefunden. Ja klar, es ist nicht so angenehm im Gras zu fahren. Rollwiderstand und so. Aber ich fühlte mich, als hätte jemand in der Disco die Musik abgedreht.

Ruhe!

Natur!

Frische Luft!

Keine Autos!

Keine Abgase!

Da strenge ich mich gern mehr an.

Nachdem ich kilometerweit irgendwo im nirgendwo herumfuhr, kam ich dann doch wieder in die Zivilisation.

Und ich habe bemerkt, dass ich noch kein Geld gewechselt hatte. Weil in Polen wird mit Zloty bezahlt. Somit machte ich mich auf die Suche nach einer Bank. Und das schöne ist, wenn du Geld in Landeswährung hast: Du fühlst dich frei! Du kannst dir plötzlich alles kaufen.

Eis geht immer. Außer du findest keines.

Und ich hatte in diesem Moment total Lust auf Eis. Eis ist ja immer die perfekte Belohnung beim Radfahren. Weil Eis geht einfach immer.

Ich wurde allerdings nicht fündig und radelte einfach zur nächsten Stadt weiter. Dort fand ich einen kleinen Eiswagen. Das interessante an diesem Wagen: Du bezahlst das Eis nach Gewicht!

Das hab ich so noch nie gesehen. Ich hab dann später einen Einheimischen gefragt und auch der war überrascht.

Der Bestellprozess gestaltete sich auch etwas schwierig. Ich musste bei jeder Sorte fragen was es ist. Aber wie dem auch sei, es war jedenfalls sehr gut. Eis geht halt einfach immer.

Eindrücke sammeln beim Radreisen

Was ich ja so sehr liebe am Radreisen ist, dass du dir alles in Ruhe anschauen kannst. Du nimmst einfach so viel mehr wahr als wenn du mit Auto, Zug oder Bus durchrast.

Und eine Sache ist mir in Polen sofort aufgefallen: Die mehrstöckigen Häuser.

Während ich bei meinem 1. Polen-Besuch von der tschechischen Grenze bis nach Auschwitz gefahren, hatte ich diese Häuser nicht gesehen.

Diesmal war ich etwas südlicher unterwegs und hier gabs praktisch überall diese Häuser.

Die 2. Sache die mir aufgefallen ist: In praktisch jedem Garten war eine Marienstatue. Echt unglaublich. Wer keinen Garten hatte, stellte die Statue auf sein Fensterbrett.

ein Typisches Haus in Polen

Der weitere Weg führte über wenig befahrene Straßen und Feldwege durch viele kleine Dörfer bis es langsam Abend wurde.

Ich suchte noch einen kleinen Markt auf (in Polen werden sie Sklep genannt) und kaufte mir ein paar Essensvorräte.

Denn eines sollte man immer beachten: Kekse sind Gold wert! Wenn du irgendwann nicht mehr weiter kannst und die Lenkertasche öffnest und Kalorien nachstopfen kannst, dann ist das schon sehr hilfreich.

Und Würstel zum Grillen hab ich mir auch gekauft. Denn ich war mir sicher, dass ich heute einen Platz für ein Lagerfeuer finden werde.

Mittlerweile fühle ich mich ja schon ziemlich sicher was das Auffinden von Unauffindbaren Plätzen angeht.

Schlafplatzsuche in Polen

So machte ich mich am frühen Abend auf die Suche danach. Weil einen Trick hatte ich schon angewendet: Schau einfach auf Google Maps wo ein Bächlein fließt. Da kannst du dich Waschen, Zähne putzen und manchmal sogar Wäsche waschen.

Das hab ich dann auch gemacht und bin einem Weg gefolgt. Mit der Erkenntnis, dass ich in einer Sackgasse gelandet bin bzw. dass die Gegend viel zu dicht besiedelt ist, hab ich wieder umgedreht (sieht man auch sehr schön oben in der Karte).

Laut Karte zieht sich der Ort echt in die Länge. Da dürften mehrere Orte zusammengewachsen sein. Also gibt es eigentlich nur eine Möglichkeit: Weg von der Hauptstraße.

Also fuhr ich einen ziemlich steilen Feldweg hinauf. Vorbei an einer Hundehütte wo ein Hund mich anbellte. Das Bellen machte mich etwas nervös, da ja niemand hier herumfährt und ich eventuell Aufmerksamkeit erregen könnte. Etwas, das ich jetzt überhaupt nicht gebrauchen konnte. Ich wollte mich ja verstecken.

Aber anscheinend bellt der Hund öfter, jedenfalls interessierte sich niemand für das Gebelle und ich konnte ungestört weiterfahren.

Ich sah ein Waldstück, was ich als perfekt erachtete. Weil im Wald sieht dich praktisch nie wer. Und ein Bach wäre auch gleich da. Körperpflege und so.

Ich stelle mein Rad ab und suchte nach einem geeignetem Platz. Aber das stellte sich als ziemlich schwierig heraus. Weil einen Nachteil am Wald darf man nicht vergessen: Es ist feucht. Und wenn der Boden feucht ist, dann ist man selbst auch in kürzester Zeit feucht. Und da stell ich mein Zelt dann doch lieber nicht auf.

Ich versuchte mehrere Wege im Wald – alle erfolglos.

Jeder, der schon mal auf der Suche nach einem Platz zum Wildcampen war, kennt das wahrscheinlich. Um 17 Uhr hat man utopische Vorstellungen was den idealen Schlafplatz angeht.

Je später es wird, desto mehr schraubt man seine Anforderungen zurück. Ich weiß zwar nicht mehr wie spät es zu der Zeit war, aber mir war klar: Ich muss jetzt hier irgendwo in der Nähe einen Platz finden.

Und da blieb nur eine offene Wiese am Waldrand. Untertags war das anscheinend eine Kuhwiese. Jetzt war die Wiese leer.

Also entschied ich, meine Sachen ans Ende der Wiese zu bringen und dort mein Nachtlager aufzuschlagen.

Mit dem Platz war ich ganz zufrieden, man konnte nicht wirklich hinsehen, ich müsste nur in der Früh zeitig aufbrechen bevor ich von Kühen geweckt werden würde.

Problematisch war, dass ich zuerst die komplette Wiese überqueren musste. Sichtschutz Fehlanzeige.

Wenn du das Rad samt Gepäck da raufschiebst, könnte das für einen Anrainer eventuell Fragen aufwerfen. Aber zum Glück hat mich keiner beobachtet.

Ich stellte mein Zelt auf, sammelte Holz und machte mir ein kleines Lagerfeuer um meine Würstel zu grillen. Feuer machen unter Zeitdruck (es wurde ja bald finster) ist nicht ganz so optimal aber irgendwie bekam ich es dennoch hin.

Und nachdem ich gespeist hatte, krabbelte ich ins Zelt. Nach diesem doch ziemlich anstregenden Tag dauerte es nicht lange bis ich einschlief. Einzig der unebene Hang beeinträchtigte meinen Schlaf. Denn ich bin immer wieder nach unten gerutscht. Aber man kann nicht alles haben.

Wildcampen in Polen: Doch noch einen guten Platz gefunden

Eine Sache ist mir im Zelt noch eingefallen: Nämlich lade ich jeden Tag meine GPS-Uhr auf um am nächsten Tag ausreichend Kapazität zu haben. Nur fand ich das Ladegerät nicht. Hey, ich hab das ursprüngliche Ladegerät zu Hause vergessen und dann hatte ich in Bratislava das Glück das allerletzte Ladegerät zu ergattern … und selbst das habe ich verloren?

Wie navigiere ich jetzt? Natürlich gehts auch mit dem Handy aber das ist schon mühsamer. Und vor allem fehlen mir die genauen Kilometerangaben. Ich zweifelte wieder einmal und überlegte sogar die Tour abzubrechen. Wegen einem Ladegerät. Das kann doch auch nicht passen.

Ich werde mal eine Nacht darüber schlafen und morgen eine Entscheidung treffen.

Daten zum Tag:
Mittwoch 11.8.2021
☀️

Gesamtstrecke: 81.21 km
Gesamtanstieg: 677 m

Moment mal...

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